Die weitere Beschwerde gegen Haftentscheidungen ist auch dann zulässig, wenn der zugrunde liegende Haftbefehl bei Einlegung des Rechtsmittels bereits wieder aufgehoben worden war. In diesem Fall richtet sich das Rechtsmittel auf die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Haftanordnung mit dem Ziel, ggf. deren Rechtswidrigkeit festzustellen.
Die Frage, ob gem. § 310 Abs. 1 Nr. 1 StPO auf Beschwerde ergangene Beschlüsse des Landgerichts in Haftsachen auch dann weiter angefochten werden können, wenn der zugrunde liegende Haftbefehl bei Einlegung der weiteren Beschwerde bereits wieder aufgehoben worden war, wird in Literatur und Rechtsprechung streitig beurteilt. Während die Oberlandesgerichte Celle und Düsseldorf sowie (u.a.) Matt die Frage bejahen, wird sie vom Oberlandesgericht Frankfurt, dem Oberlandesgericht Hamm sowie Meyer-Goßner verneint.
Das Oberlandesgericht Braunschweig folgt dieser Ansicht nicht.
Das Bundesverfassungsgericht hatte schon zur Frage des Rechtsschutzes in Fällen erledigter richterlicher Durchsuchungsanordnungen entschieden, dass das aus Art.19 Abs. 4 GG folgende Erfordernis eines effektiven Rechtsschutzes dem Betroffenen das Recht gibt, in Fällen tiefgreifender Grundrechtseingriffe die Berechtigung des Eingriffs auch dann gerichtlich klären zu lassen, wenn der Grundrechtseingriff beendet ist. Dies gilt im Hinblick auf das dadurch berührte überragende Rechtsgut der persönlichen Freiheit (Art. 2 Abs. 2 GG) auch und gerade für die Untersuchungshaft betreffenden Entscheidungen, wobei die Gewährung von Rechtsschutz im Hinblick auf das bei Freiheitsentziehungen bestehende Rehabilitierungsinteresse weder vom konkreten Ablauf des Verfahrens und dem Zeitpunkt der Erledigung der Maßnahme noch davon abhängt, ob Rechtsschutz typischerweise noch vor Beendigung der Haft erlangt werden kann. Eine Haftbeschwerde darf in solchen Fällen nicht wegen prozessualer Überholung als unzulässig verworfen werden; vielmehr ist die Rechtmäßigkeit der zwischenzeitlich erledigten Maßnahme zu prüfen und deren Rechtswidrigkeit festzustellen. Da man diesen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts nicht gerecht würde, wenn man die gebotene Überprüfung auf nur eine fachgerichtliche Entscheidung beschränken würde, und das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich eine umfassende Prüfung der Fachgerichte im Rahmen der durch das Prozessrecht vorgesehenen Instanzen einfordert, müssen diese Grundsätze auch für die weitere Beschwerde gelten.
OLG Braunschweig 1. Strafsenat, Beschluss vom 20.06.2012, Ws 162/12