Quantcast
Channel: Haftbefehl - Rechtslupe
Viewing all articles
Browse latest Browse all 40

Abgabe der Vermögensauskunft – und der Verbrauch des Haftbefehls

$
0
0

Durch die Abgabe der Vermögensauskunft ist ein Haftbefehl nach § 802g ZPO verbraucht, so dass es seiner förmlichen Aufhebung nicht bedarf. Ein rechtlich schützenswertes Interesse des Schuldners an der förmlichen Aufhebung des Haftbefehls besteht nicht.

Der Erlass des Haftbefehls kann mit der sofortigen Beschwerde nach allgemeiner Ansicht angefochten werden.

Die vor dem Rechtspfleger am 26.02.2015 zu Protokoll eingelegte sofortige Beschwerde war nach § 569 Abs. 3 Nr. 1 ZPO formgerecht. Zwar wird der Haftbefehl bereits mit seiner Hinausgabe rechtlich existent und damit anfechtbar. Die zweiwöchige Notfrist des § 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO beginnt aber erst mit der Übergabe des Haftbefehls an den Schuldner bei der Verhaftung nach § 802g Abs. 2 Satz 1 ZPO. Dies ist bislang nicht erfolgt, so dass die sofortige Beschwerde auch fristgerecht eingelegt worden ist.

Der Schuldner hat hier aber kein Rechtsschutzinteresse mehr an der Aufhebung des Haftbefehls:

Durch die Abgabe der Vermögensauskunft ist der Haftbefehl verbraucht worden, so dass es einer förmlichen Aufhebung des Haftbefehls nicht bedarf. Eine Verhaftung des Schuldners darf aufgrund dieses Haftbefehls nicht mehr erfolgen. Dies kommt auch durch § 802i Abs. 2 Satz 1 ZPO zum Ausdruck, wonach der verhaftete Schuldner nach Abgabe der Vermögensauskunft sofort freizulassen ist.

Sollte der Gläubiger gleichwohl aufgrund des Haftbefehls eine Verhaftung zur Erzwingung der Vermögensauskunft betreiben, so kann sich der Schuldner gegen eine Verhaftung durch den bereits „verbrauchten“ Haftbefehl durch Vorlage eines Ausdrucks der bereits erteilten Vermögensauskunft wehren. Auf einen solchen Ausdruck hat der Schuldner nach § 802f Abs. 5 Satz 3 ZPO einen Anspruch. Im Übrigen kann – und muss – der Gerichtsvollzieher zumindest auf den entsprechenden Einwand des Schuldners nach § 802k Abs. 2 ZPO bei dem zentralen Vollstreckungsgericht Einsicht in das Schuldnerverzeichnis nehmen und sich davon überzeugen, dass der Haftbefehl durch Abgabe der Vermögensauskunft verbraucht ist.

Dass gegen den Schuldner ein Haftbefehl erlassen worden ist, wird – anders als vor dem 1.01.2013 (vgl. § 915 Abs. 1 Satz 1 ZPO a. F.) – nicht mehr im Schuldnerverzeichnis vermerkt, so dass ein Rehabilitierungsinteresse nicht besteht. Gemäß § 882c Abs. 1 Nr. 1 ZPO wird als Eintragungsgrund lediglich angeben, dass der Schuldner seiner Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft nicht nachgekommen ist. Der Erlass eines Haftbefehls wird nicht vermerkt.

Der Schuldner hat auch kein schützenswertes Interesse an einer Feststellung, dass der mittlerweile verbrauchte Haftbefehl, zu Unrecht ergangen war.

Es sind keine Umstände ersichtlich, aus denen sich ein rechtliches Interesse des Schuldners für eine nachträgliche Feststellung ableiten ließe, dass der mittlerweile aufgrund der Abgabe der Vermögensauskunft verbrauchte Haftbefehl deshalb zu Unrecht ergangen war, weil der Schuldner nach seinem Vortrag zum Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft aus gesundheitlichen Gründen nicht hatte erscheinen können. Ein Rechtsschutzinteresse ist grundsätzlich nur solange gegeben, als ein gerichtliches Verfahren dazu dienen kann, eine gegenwärtige Beschwer auszuräumen, einer Wiederholungsgefahr zu begegnen oder eine fortwirkende Beeinträchtigung durch einen an sich beendeten Eingriff zu beseitigen. Das Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz aus Art.19 Abs. 4 GG gebietet die Möglichkeit einer gerichtlichen Klärung in solchen Fällen nur bei gewichtigen Grundrechtseingriffen, wenn die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt sich nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in der der Betroffene eine gerichtliche Entscheidung kaum erlangen konnte. Ein solches Fortsetzungsfeststellungsinteresse kommt insbesondere bei freiheitsbeschränkenden Maßnahmen in Betracht. Vorliegend ist der Haftbefehl aber zu keinem Zeitpunkt gegen den Schuldner vollzogen worden, so dass es an einer freiheitsbeschränkenden Maßnahme und damit einem schwerwiegenden Grundrechtseingriff fehlt. Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse besteht für den Schuldner somit nicht.

Landgericht Tübingen, Beschluss vom 14. April 2015 – 5 T 72/15


Viewing all articles
Browse latest Browse all 40