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Zustellung der Anordnung einer Eintragung in das Schuldnerverzeichnis – und die Gerichtsvollziehergebühren

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Für eine Zustellung der Anordnung nach § 882c ZPO durch den Gerichtsvollzieher können Kosten nach Ziffer 100 des Kostenverzeichnisses nicht erhoben werden, weil es sich um eine von Amts wegen vorzunehmende Zustellung handelt. Auch das Wegegeld und die anteilig hierauf entfallende Auslagenpauschale sind nicht zu berücksichtigen.

Die Gebühr nach KV 100 kann, wie sich aus der amtlichen Überschrift des Abschnitts 1 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtsvollzieherkostengesetz ergibt, nur für persönliche Zustellungen des Gerichtsvollziehers erhoben werden, die auf Betreiben der Parteien – also nicht von Amts wegen – erfolgen.

Ob die in § 882c Absatz 2 Satz 2 ZPO vorgeschriebene Zustellung der Eintragungsanordnung auf Betreiben der Parteien oder von Amts wegen erfolgt, wird in Rechtsprechung und Schrifttum nicht einheitlich beurteilt.

Das Oberlandesgericht Karlsruhe schließt sich derjenigen Auffassung an, die von einer von Amts wegen zu veranlassenden Zustellung ausgeht.

Die Eintragung in das Schuldnerregister dient nicht der Zwangsvollstreckung des Gläubigers – die Befriedigung seines Anspruchs wird durch die Eintragung nicht gefördert, sondern dem Schutz des Rechtsverkehrs, der vor einem Schuldner gewarnt werden soll, der einen titulierten Anspruch nicht zu erfüllen vermag. Das kommt auch in der Gesetzesbegründung zu § 882c ZPO zum Ausdruck, in der es heißt, die Eintragung erfolge, um den „Wirtschaftsverkehr vor einem illiquiden Schuldner zu warnen“. Der Gläubiger gibt zwar, in dem er den Vollstreckungsauftrag erteilt, Anlass zu dem Vorgehen nach § 882c ZPO. Die durch das Verfahren nach § 882c ZPO anfallenden Kosten sind aber – anders als etwa die Kosten der Einlagerung von Räumungsgut – keine sachnotwendigen Folgen einer bestimmten Zwangsvollstreckung, sondern entstehen in einem eigenständigen, im öffentlichen Interesse liegenden Verfahren.

Das Argument des Amtsgerichts Darmstadt, es könne nicht hingenommen werden, dass die Kosten der Zustellung der Eintragungsanordnung entweder vom Steuerzahler oder vom Gerichtsvollzieher persönlich zu tragen seien, vermag nicht zu überzeugen. Die Anordnung der Eintragung dient – wie ausgeführt – öffentlichen Zwecken; es ist daher ohne weiteres nachvollziehbar, dass die mir ihr verbundenen Kosten nicht von dem Gläubiger zu tragen sind, der sie durch seinen Vollstreckungsauftrag ausgelöst hat, sondern von der Allgemeinheit. Dass der Gläubiger die Kosten – wenn man dieser Auffassung folgte – als Kosten der Zwangsvollstreckung beim Schuldner beitreiben lassen könnte (§ 788 Absatz 1 Satz 1 ZPO), ändert daran schon wegen der Unsicherheit nichts, ob die Vollstreckung Aussicht auf Erfolg hat. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob es gerechtfertigt wäre, den Schuldner mit den Kosten der Zustellung der Eintragungsanordnung zu belasten.

Soweit Stöber in der Frage der Zustellungsart eine Gleichsetzung mit § 802f ZPO vornimmt, vermag dies nicht zu überzeugen. Soweit in Absatz 4 Satz 1 dieser Norm die Zustellung von Zahlungsaufforderungen, Ladungen, Bestimmungen und Belehrungen an den Schuldner angeordnet wird, handelt es sich – anders als in der hier in Rede stehenden Konstellation – um Maßnahmen, die letztlich der Durchsetzung der Forderung des Gläubigers dienen oder mit der Einzelzwangsvollstreckung notwendigerweise verbunden sind, die aber keinen über das einzelne Verfahren hinausgehenden Wert für die Allgemeinheit haben.

Dem Argument, aus dem in § 882c Absatz 2 ZPO enthaltenen Verweis auf § 763 ZPO lasse sich folgen, dass die Eintragungsanordnung ein Bestandteil des Vollstreckungsprotokolls sei, welches der Gerichtsvollzieher nach seiner Wahl zustellen oder per Post übersenden könne (§ 763 Absatz 2 Satz 1 ZPO), vermag das Oberlandesgericht nicht zu folgen. Die genannten Vorschriften ermöglichen es, die Eintragungsanordnung – zur Vereinfachung und zur Vermeidung von Kosten – in das Vollstreckungsprotokoll aufzunehmen. Daraus kann aber nicht gefolgert werden, dass die Anordnung nach der Vorstellung des Gesetzgebers nicht im öffentlichen Interesse, sondern im Rahmen der konkreten Zwangsvollstreckung erfolgt.

Die Entstehungsgeschichte der Norm spricht ebenfalls dafür, nicht von einer Zustellung auf Veranlassung des Gläubigers auszugehen. Die mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Reform der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung befassten Ausschüsse des Bundesrates haben in ihrer Beschlussempfehlung hervorgehoben, dass der Gerichtsvollzieher die Datenerhebungen nach § 882c Absatz 3 Satz 2 ZPO nicht auf Antrag des Gläubigers, sondern von Amts wegen vornehme und dem Gläubiger hierfür keine Gebühr abverlangt werden könne. Diese Überlegung ist auf das Verfahren nach § 882c ZPO insgesamt – und damit auch auf die Kosten der Zustellung – übertragbar. Die Ausschussempfehlungen sind in den Beschluss des Bundesratsplenums übernommen worden.

Auf die – ebenfalls umstrittene – Frage, ob der Gerichtsvollzieher dem Gläubiger Auslagen für eine nicht persönlich vorgenommene, sondern über ein Postunternehmen bewirkte Zustellung weiterberechnen kann, weil Ziffer 701 des Kostenverzeichnisses eine Beschränkung auf Parteizustellungen nicht vorsieht, kommt es nach Lage des Falls nicht an, wenn auch die vorstehenden Erwägungen eher dafür sprechen, eine Erstattungspflicht angesichts der in öffentlichem Interesse vorgenommenen Zustellung zu verneinen.

Da die Zustellung der Eintragungsanordnung von Amts wegen erfolgt, fällt auch die Wegegeldpauschale (KV 711) nicht an. Soweit das Amtsgericht Solingen hiervon abweichend die Auffassung vertritt, diese könne unabhängig von der Frage der Parteizustellung beansprucht werden, vermag das Oberlandesgericht dem nicht zu folgen. Auch insoweit gilt, dass das Wegegeld nicht im Interesse des Gläubigers angefallen ist, sondern im öffentlichen Interesse an der Eintragung in das Schuldnerverzeichnis.

Die gebührenabhängig berechnete Auslagenpauschale (KV 716) ist mit Rücksicht auf die Verminderung des Ansatzes des Gerichtsvollziehers anteilig zu kürzen

Oberlandesgericht Karlsruhe, Beschluss vom 25. August 2015 – 11 W 3/15


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